„Plot & Struktur: Dramaturgie, Szenen, dichteres Erzählen: Meisterkurs Romane schreiben" von Stephan Waldscheidt
Wer sich ernsthaft mit dem Schreibhandwerk beschäftigt, hat den Begriff „Plot“ mit Sicherheit bereits gehört. Womöglich stand derjenige schon im Dschungel der Ratgeber zu diesem Thema, auf der Suche nach dem Buch, das ihm wie ein Rauchzeichen den Weg durch die Wildnis aufzeigt. Ist „Plot & Struktur: Dramaturgie, Szenen, dichteres Erzählen“ von Stephan Waldscheidt so ein Buch?
Bereits auf den ersten Seiten verspricht der Autor viel: „Hier finden Sie Informationen, Wissen, Anregungen, die gerade Ihnen als erfahrenem Autor, erfahrener Autorin gezielt und unmittelbar weiterhelfen.“ Sogar noch mehr: „Je erfahrener Sie sind, desto mehr werden Sie davon profitieren.“ Etwas weiter oben ist zu lesen: „Dieser Schreibratgeber setzt voraus, dass Sie die Grundlagen der klassischen Romanstruktur […] wenigstens einigermaßen kennen.“ Das alles wirft die Frage auf: Für wen genau eignet sich dieser Ratgeber? Hilft das Buch auch einem womöglich bereits mehrfach veröffentlichten, erfahrenen Autor weiter? Die Antwort ist schnell gegeben: Nein.
Aber das tut dem Ratgeber keinen Abbruch. Es ist ein gutes, für angehende Autoren empfehlenswertes Buch. Die hier vorgestellte Plotstruktur orientiert sich an dem Drei-Akt-Modell, und der Autor geht davon aus, dass dem Leser dieser dramaturgische Aufbau, der aus Drei Akten – der Exposition, der Eskalation und der Auflösung – besteht, bestens bekannt ist. Die im Ratgeber vorgestellte Methode ist ausführlich genug, um einem Schreibanfänger mehr Stützpunkte zu bieten und seinen Plot zu stabilisieren. Andererseits ist diese Struktur nicht so überladen wie die klassische Heldenreise, die ganz genau die einzelnen Haltestellen auf dem Weg des Protagonisten bestimmt und auf einen Neu-Autor möglicherweise unübersichtlich wirken könnte. Die vorgestellte Herangehensweise bietet hier tatsächlich die goldene Mitte an.
Sehr gut werden die einzelnen Wendepunkte dargestellt und die Wege zu diesen Punkten erklärt. So wird beim Lesen nicht nur verständlich, dass diese Meilensteine notwendig sind, sondern auch klar, warum das so ist. Nicht nur ein Roman lässt sich mit diesem Ratgeber auf Stabilität prüfen, sondern auch einzelne Szenen – was der Autor in den entsprechenden Kapiteln anschaulich zeigt.
Kritisch möchte ich folgende Aspekte aufführen: Auch wenn der Autor durchaus Beispiele aus literarischen Romanen aufgreift und ein paar leisere Szenen zur Veranschaulichung nimmt, hat man das Gefühl, dass dennoch eher Genre-Autoren (besonders diejenigen, die im Bereich Thriller/Krimi schreiben) am meisten von dem Buch profitieren. Auch werden die „Drauflosschreiber“ meiner Meinung nach zu wenig an die Hand genommen. Denn mal ehrlich, würden Sie einen Ratgeber weiterlesen, der Sie als „faul“ betitelt? Ebenfalls hätte ich mir gewünscht, dass auf die Gefahren von Rückblenden und Vorausahnungen etwas deutlicher hingewiesen worden wäre – meiner Erfahrung nach neigen gerade angehende Autoren dazu, hier große Fehler zu machen, während erfahrene Schriftsteller damit durchaus umzugehen wissen (wie das im Buch aufgeführte Beispiel mit Dean Koontz beweist – was aber meiner Meinung nach keine Empfehlung an einen Anfänger sein sollte).
Fazit: „Plot & Struktur: Dramaturgie, Szenen, dichteres Erzählen“ ist ein gut strukturierter, verständlich geschriebener Ratgeber, der beim Thema „Drei-Akt-Model“ wunderbar in die Tiefe geht. Wer diese Struktur gern nutzt, wird sicherlich gute Werkzeuge für die Erstellung seiner Plots an die Hand bekommen.
Olga A. Krouk